Mit mehr als 19 Millionen Einwohnern ist die Metropolregion New York die größte in den Vereinigten Staaten. Darüber hinaus machen die über 8 Millionen Bewohnern im Stadtzentrum New York City sowohl zum Herz dieser Region als auch zur bevölkerungsreichsten Stadt der USA.[1] Die Landentdeckung der heute sogenannten New Yorker Bucht im Jahr 1614 durch Giovanni da Verrazano und Henry Hudson und der folgende Verkauf des Landes 1625 an niederländische Kaufleute markieren den Beginn der Stadtgründung New Yorks. Bis zum Jahr 1664 hieß die Stadt Nieuw Amsterdam und war eine Kolonien der →Niederlande. Dieses spiegelt sich bis heute in den Farben der Stadtflagge wider.[2] 1664 fiel die Stadt in die Hände des Britischen Königreiches und wurde mit Beendigung des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges 1783 zur Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika ernannt. Zwar musste New York City diesen Titel schon 1790 wieder abgeben, wuchs aber kontinuierlich bedingt durch die großen Einwanderungswellen des 19. Jahrhunderts und stieg mit dem ökonomischen Wachstum des Landes im 20. Jahrhundert zu einer Metropole auf. Zwar erlitt die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg ein soziales und ökonomisches Tief, das bis in die 70er Jahre hinein anhielt, erhob sich aber im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs ab 1980 wieder aus diesem und prosperierte zu einer oder sogar der bedeutendsten Weltstadt unsere Zeit.[3] Trotz ihrer erst jungen Geschichte von 389 Jahren, oder vielleicht auch gerade deswegen, sind die westliche und kapitalistische Symbolhaftigkeit und Manifestation in der Stadt New York verwirklicht. Der Hauptsitz der UNO, die Freiheitsstatue und der Freedom Tower als höchstes Gebäude der USA, das MoMA und die New Yorker Börse an der Wall Street bilden die markanten Punkte der kulturellen Landschaft dieser Stadt, welche von einer hohen ethnischen Diversität bevölkert wird.
Die geografische Lage der Metropole wird durch Wasser bestimmt. Die Stadt liegt an der atlantischen Küstenebene, an der Mündung des Hudsons und East Rivers. Das Stadtzentrum erstreckt sich größtenteils über die Inseln innerhalb der Bucht. So nehmen die fünf Stadtteile Manhattan, Staten Island, Queens und die Bronx auf rund 785 km² innerhalb der zwei Buchten, Lower Bay und Upper Bay, ihren Platz ein. Dabei ist die Bronx der einzige auf dem Festland liegende Stadtteil. Das Zentrum bildet das von den Wassermengen umgebene Manhattan, deren felsiger und metamorpher Untergrund ihren Ausbau zu einem der höchsten Stadtzentren der Welt begünstigte. Diese spezielle Geomorphologie verhindert eine weit weniger starke Landerosionen, eine Problematik, unter der viele andere stark urbanisierte Küstenstädten leiden.[4] [5] [6]
Die Stadt New York ist statistisch gesehen, in dem sonst häufig von Stürmen geplagten USA, unterdurchschnittlich und unregelmäßig von →Naturkatastrophen betroffen. Trotzdem häufen sich die Aufzeichnungen über größere Zerstörungen der Stadt seit dem 19. Jahrhundert durch Hurrikans. Die gewaltigsten Verwüstungen der 14 registrierten Vorfälle durch die Tropenstürme [7] waren 1821 der Hurrikan „Great September Gale“ und fast ein Jahrhundert später 1938 der Sturm „Long Island Express“. Beide Male wurde die Stadt ohne Vorwarnung von den Zyklopen getroffen und das Stadtzentrum wurde unter meterhohe Flutwellen gesetzt, die vielen Bewohnern das Leben gekostet und Schäden in Millionenhöhe hinterließen haben. [8]
In jüngster Zeit rücken die Ängste der Weltstadt, von solchen Naturkatastrophen erneut erfasst zu werden näher. Angefacht durch die Klimawandeldebatten in den 1990ern und den aktuellen wissenschaftlichen Prognosen des Weltklimarats, der 1988 gegründet wurde, [9] sehen sich viele dieser glitzernden Hochhäuser der Metropole unter dem Anstieg des Meeresspiegels im Wasser versinken. [10] Die gegenwärtigen Bilder der untergehenden Stadt, die ein biblisches Ausmaß annehmen, sind besonders von zwei herausstechenden Faktoren der letzten 10 Jahre geprägt.
Die erste Perspektive auf das Versinken New Yorks wurde uns durch das Kino gezeigt. Im Jahr 2001 präsentiert der Regisseur Steven Spielberg für seinem Science Fiction Film „ A.I.- Artificial Intelligence“ eine bereits versunkene Metropole im Hintergrund seiner Geschichte. Auch wenn nur unwesentlich das Verschwinden der Stadt im Meer erklärt wird, bleibt ein ganz bestimmtes Standbild des Film stehen: die aus dem Wasser ragende Fackel der Freiheitstatue.[11] Ein filmisch imposantere und detailliertere Beschreibung des Untergangs der Stadt zeigt der im Jahr 2004 erschienene Katastrophenfilm „The Day After Tomorrow“ von Filmemacher Roland Emmerich, in dem das Motiv einer plötzlich über die Welt hereinbrechenden Eiszeit kinematografisch im Mittelpunkt steht. Hier fegt eine riesige Flutwelle über die Stadt und begräbt die Wolkenkratzer zum größten Teil unter den Schnee- und Eismassen der anschließend alles verzehrenden Kälte. Die Protagonisten, gerettet durch ihr Ausharren in der öffentlichen Bibliothek von New York, gewärmt vom Feuer brennender Bücher, müssen bei ihrer Rettung durch das Militär die Stadt verwüstet zurücklassen.[12] Das von Emmerich aufwendig produzierte Bildspektakel, dem ein gewisser wissenschaftlicher Gehalt zugeordnet werden kann, schafft eine visuelle Brücke zwischen Fiktion und Realität, als sieben Jahre später, in Folge des Hurrikans Sandy, Bildern eines von Wasser zerstörten New Yorks durch die Medien gehen.
Diese zweite Perspektive wirft Licht auf die realen Gefahren durch Naturkatastrophen für die Stadt. Diese sich durch das Auftreten von starken Windstürmen gefolgt von Flutkatastrophen in jüngerer Vergangenheit zeigen. Der Hurrikan Sandy steht hierbei idiosynkratisch für die Bewohner New Yorks als Symbol der Verwundbarkeit ihrer Stadt gegenüber Naturkatastrophen. Als der Hurrican Sandy am 29. Oktober 2012 New York traf, war diese nicht gegen die Stärke des Zyklons gewappnet. Eine vier Meter hohe Flutwelle setzte große Teile des Zentrums und 60% der Fläche von Queens unter Wasser [13], zerstörte über 800 Gebäude komplett und beschädigte weitere 70.000. Gerade die vermehrt an den Küsten New Yorks eingesetzte Holzrahmenbauweise für Gebäude zeigte sich dem Wasser wehrlos. Bei anschließenden Bränden gingen im Anschluss noch weitere 100 Gebäude in Flammen auf. Die Bewohner saßen für mehrere Tage in einer von Strom und Verkehr abgeschnitten Stadt fest. Hurrikan Sandy forderte 43 Menschenleben und richtete 10 Milliarden $ Sachschaden an. Schlussendlich zeigte sich, dass die leichten Schutzmaßnahmen, welche die Stadt schon 1983 an der Küste errichten lies, und im Jahr 2007 durch die Umsetzung einiger Punkte der Nachhaltigkeits-Entwicklung PlaNYC 2030 verstärkte, nicht ausreichten, die Katastrophe abzuwenden. [14] [15]
Die Reaktion der politischen Führung New Yorks bestand aus einem neuen Handlungsplan, dem Special Initative for Rebuilding and Resiliency (SIRR), welcher kurzfristige und langfristige Ziele zur Bekämpfung von Flutkatastrophen für die Stadt definierte. In diesem Bericht, welcher den Titel „Stronger, more resilient New York“ trägt, sollten die verursachten Schäden analysiert und dementsprechende adaptive Schutzmaßnahmen für kommende Folgen eines Klimawandels aufgebaut werden.[16]
Die wichtigsten baulichen Überlegungen und Anweisungen der 35 staatlichen Anordnungen des SIRR-Plans bestehen aus hybriden Küstenschutzbauten. Diese Living Shorelines, welche auch Organismen, wie Korallen und Muscheln, in Schutzstrukturen einbetten, sollen feinere Übergänge zu den urbanen Gebieten ermöglichen und trotzdem ausreichend Sicherheit gegen Überflutungen geben.[17] Auch die Idee künstlicher Dünen zum Schutz der Häuser an der Küste wird gerade in Erwägung gezogen. Verschließbare Flutbarrieren, wie das àMO.S.E.S Projekt in Venedig, wären in der Größenordnung New Yorks nicht nur zu teuer, sondern auch bei der intensiven Nutzung der Häfen, für den industriellen und gewerblichen Schiffsverkehr nicht denkbar. Weiter bewilligte die Stadt durch den SIRR Plan mehrere Wettbewerbe zur Um- oder Neugestaltung der innerstädtischen Wasserfronten, um innovative städtebauliche Konzepte für ein zukünftiges Leben mit den wiederkehrenden Fluten zu entwickeln.[18] Der 445 Seiten starke Bericht verheimlicht aber auch nicht die Realität, welcher sich die Stadt stellen muss. Es gehe nicht darum den Fluten zu entkommen, sondern lediglich ein Überleben der Zerstörungen und ein Fortbestehen der Stadt zu sichern. Der damalige amtierende Bürgermeister Michael Bloomberg sprach bei der Verabschiedung des neuen Entwicklungsplans SIRR: „ We are a coastal city and we cannot and will not abandon our waterfront. Instead, we must build a stronger, more resilient city. This plan (SIRR 2012) puts us on a path to do just that. It will not be easy and it will take time, but as New Yorkers we are more than up to the task.“ [19] Vielleicht erinnert sich die Stadt an ihre einstigen niederländischen Wurzeln zurück, um den Kampf mit dem Wasser aufzunehmen.
Das Versinken der Stadt findet auf zwei Ebenen statt, die der immaterielle Traumebene des Filmes und jener realen logischen Folge durch Veränderung und Zufälligkeit einer nicht kontrollierbaren Umwelt. Während die realen Umweltbedingungen, ähnlich den Städten à New Orleans oder àVenedig, einen Kampf zwischen Technik und Naturgewalten evoziert, scheint die filmische Ebene hierbei einen interessanten Aspekt hinzuzufügen. Bei der Versenkung der Stadt New York im Film, lässt man nicht nur irgendeine Stadt im Wasser verschwinden, sondern reißt die bedeutendste zeitgenössische Stadt unserer westlichen Welt in den Untergang. Aber anders als in Platons àAtlantis geht dabei nicht das Menschengeschlecht unter, sondern überlebt die Katastrophe und entkommen ihr dank seiner Technik. Zum Schluss wird im Film „The Day after Tomorrow“ die Stadt zurückgelassen. Diese Szenen verweisen möglicherweise auf einen aktuelle Architekturbetrachtung. Die „Modelstadt des Westens “scheint den extremen Anforderungen ihrer Umgebung nicht mehr zu entsprechen; sie ist antiquiert. Es wird deutlich, dass uns die Architektur nicht vor den Gefahren „retten“ kann. Es ist die Technik, im Film durch das Feuer der Bücher zu deuten, welche uns vor der wieder zur Gefahr gewordenen Natur schützen kann.
Die Bibliothek als Wissensspeicher fällt zurück auf den Status einer Höhle, in der zu allerletzte das Wissen verbrannt werden muss. Gleichzeitig wird aber damit auf die ursprünglichste Technik des Feuers verwiesen wird. Auch im Bild der aus dem Wasser ragenden Fackel der Freiheitstatue (im Film „A.I. – Artificial Intelligence“ von Steven Spielberg) überlebt nicht die Stadt oder Konstruktion, sondern lediglich das Symbol des Feuers ragt aus den Fluten. Das Ursymbol verweist auf Prometheus, den Vorrausschauenden, welcher als Symbol für die technische Rationalität des Menschen steht und uns gegen den Willen des Göttervater Zeus das Feuer gebracht hat.[20] Welche Sicherheit zeichnet sich durch das Bild des versunkenen New Yorks für unsere Zeit ab? Wenn wir nicht im Stande sind New York zu retten, dann ist sind keine unserer Städte sicher. Diese sind aber nicht mehr als Schutz nötig, denn der Mensch überlebt auch ohne die Architektur. Demnach braucht eine zukünftige Gesellschaft nicht einmal mehr die Geborgenheit der Stadt, sondern sucht sie in der Technologie. Gleichzeitig würde das bedeuten, dass Architektur keine Technik ist, sondern zum „natürlichen“ Habitat zählt, das wie einst die Höhlen zurückgelassen werden muss, um sich als Mensch weiterzuentwickeln. Die Rolle des Bewahrers übernehmen wieder die Ingenieurbauten, welche uns mit den riesigen Staudämmen und Fluttoren beschützen können; Architektur kann es nicht mehr.
Diese völlige Abwesenheit von Architektur nach einer Naturkatastrophe wird in dem postapokalyptischen Film „Waterworld“ aufgezeigt. Durch das Schmelzen der Polarkappen ist die zivilisatorische Neuzeit völlig untergegangen. Die überlebenden Menschen wohnen auf Booten, Öltankern und zu schwimmenden Pontons zusammengeschlossenen Wasserfahrzeugen. [21] Erde wird zur Reliquie einer anarchischen Gesellschaft aus sich ums Überleben bekämpfenden Gruppierungen. Die Verheißung einer Karte auf das letzte übriggebliebene Land wird zur Motivation der Protagonisten. Entlang dieser Suche nach der Insel, entbrennt der Kampf Gut gegen Böse. Die Ölreserven in einem der bewohnten Tanker, einer mit Gewalt und Furcht regierten Gruppe, gehen zu Ende und damit gerät ihr Herrschaftsanspruch in Gefahr. Die andere Gruppe rund um den Helden der Geschichte lebt in einem Symbiotischen Verhältnis zur Natur. Diese sehen in der Karte und dem letzten Stück Land die Hoffnung auf einen Neubeginn. Diese Einsicht und Entwicklung wird an der Mutation des Hauptprotagonisten, ihm sind Kiemen gewachsen, dargestellt. Der Mensch entwickelt sich ohne die Technik auf evolutionäre Weise und passt sich dadurch perfekt an. Diesen Kampf, welchen man auch abseits des Filmes in einer Ökologiebewegung unserer Zeit wiederfinden kann, verzichtet vollkommen auf die Darstellung von Architektur. Selbst die Darstellung eines kulturellen Rudiments wird übersprungen. Anscheinend gibt es in dieser Zukunftsvision eines apokalyptischen Klimawandels keinen Platz für die Architektur unserer Generation. Die vortäuschende Maschinenarchitektur wird durch funktionierende Maschinen ersetzt.[22]
Im aktuellsten filmischen New York City- Untergangsszenario „Oblivion“, liegt die Stadt begraben unter der Erde. Die Trennung zwischen Gebäuden und Natur ist dabei fließend. Während die Aussichstplattform des Empire State Buildings auf neuem Bodenniveau steht, verschmelzen die einstigen Häuserschluchten zu natürlichen Canyons, durchzogen von Wasserfällen, welche die Landschaft durchschneiden. Ein genauer Grund für diesen Untergang wird nicht genant. Den Mittelpunkt der Erzählung bildet eine außerirdische Invasion, welche die Menschheit größtenteils vernichtet oder zerschlägt, um an die Wasservorräte der Erde zu gelangen. Die Extraktion der Wasserreserven wird von zwei geklonten Menschen, welche die reale Situation ihres Planeten nicht kennen, unter Kontrolle der Außerirdischen geleitet. Weiter übernehmen technischen Drohnen die Überwachung der Anlagen und ihren Schutz vor Attacken überlebender Widerstandskämpfer. Die in „Oblivion“ geschilderte Katastrophe ist viel-schichtiger und zwischen den Polen des natürlichen, existenziellen und dem Technischen verwoben. Zwar steht die natürliche Ressource Wasser als Antrieb für die Geschichte, doch spannender ist das Symbol der Erinnerung als Wert, welcher durch den Protagonisten Jack aufgeführt ist.[23]
Der ganz seiner Aufgabe, die Wasserextraktion abzuschließen, verschriebene Klon beginnt bei seinen Herumstreifen durch die einstigen Ruinen der Metropole anhand verschiedener Gegenstände sich seines Menschseins bewusst zu werden. Er führt diese heimlich aus der Großstadt heraus, zu einem Refugium an einem versteckten See. In einer einfachen hölzernen Blockhütte, welche an jene ersten Häuser der amerikanischen Siedler erinnert, hortet Jack die kulturellen Überreste einer ihm unbekannten Zivilisation. Durch diese Objekte beginnt er sich langsam seiner Vergangenheit bewusst zu werden, und Wechselt die Seiten, um zusammen mit den Widerstandkämpfern die Außerirdische Besatzung nieder zu schlagen. Dabei stirbt die Hauptfigur Jack, taucht aber in Form eines anderen Klons der gleichen Figur wieder an seiner Hütte auf. Es gibt drei Ebenen von Architektur, welche in diesem Film auf einen Untergang verweisen. Zunächst haben wir das bereits erwähnte New York, welches in einer Metamorphose zu Landschaft geworden ist. Ihre einstiege Funktion als Behausung hat sie verloren und kann nur noch dem Erinnern dienen. Durch die noch intakte Aussichtsplattform des Empire State Buildings, von 1930 bis 1972 und 2001 bis 2013 die höchste architektonische Legende New Yorks, wird dem Protagonisten der Ausblick durch ein Fernroh ermöglicht,– welches ihm aber nicht den Blick in die Ferne sondern in seine menschliche Vergangenheit (in Form von zurückkommenden Erinnerungen) ermöglicht. So wird auch hier anhand der versunkenen Stadt New York das Bild einer durch die Natur wieder übernommene, unzureichende Struktur gezeigt, welche einzig noch den immateriellen Wert der Erinnerung in sich birgt. Die Architektur der Großstadt ist verloren und Jack muss diese Artefakte bergen und in die Hütte bringen, welche dem Protagonisten als Erinnerungsstädte dient. Die Heiligtümer stehen, im Gegensatz zur „Erde“ aus dem Film →Waterworld, abseits der materiellen Wertigkeit der einzelnen Objekts für die „unbezahlbare“ Kultur des Menschen. Aber selbst das können die Wolkenkratzer nicht mehr leisten. Diese Symbolkraft einstiger Monumente, verschwindet für Jack hinter dem Sichtschirm seiner geborgenen Baseballkappe.
Das biblische Bild der Bestrafung wird also in den Kinofilmen an New York vorgeführt. In unserer säkularisierten Gesellschaft verschwindet zwar Gott, jedoch die wiederholende Bestrafung bleibt. Aber welches Bild der Selbstbestimmung wird uns über unsere selbstgemachte Umwelt aufgezeigt. Der Klimawandel oder Umweltveränderungen werden als kollektive Bestrafung dargestellt. Da aber das Happy End bei Blockblustern nie ausbleibt, wird dem Zuschauer vermittelt, dass „wir noch einmal mit dem blauen Auge davon kommen“. Zwar belegen Studien, dass Filme wie „The Day after Tomorrow“ das Publikum für die Gefahr der Klimaveränderung sensibilisiert, jedoch der Zuschauer für sich keinerlei individuelle Verhaltensänderung daraus ableitet. Das Handeln wird also nicht durch das Bewusstsein über ein Risiko einer möglichen Katastrophe gesteuert, sondern viel mehr über die persönliche Beurteilung meiner Handlungsmöglichkeit. [24] In keinem der hier analysierten Filme wird die Prävention durch den Menschen thematisiert, und schon gar das Überleben seiner Architektur. Weiter noch, verliert die gegenwärtige Architektur in den Phantasien Hollywoods ihren technologischen Wesenszug. Die Möglichkeiten und Freiheiten der Fiktion befähigen den Menschen Alternativen zur gegenwärtigen Realität aufzustellen. In der Ausformulierung der Sehnsüchte spiegelt sich ein gesellschaftlicher Wunsch von Realität wieder. [25] Denn in einer (wie z.B. Katastrophen uns das aufzeigen) unbestimmten Realität, bewältigt es die Fiktion, ein in sich geschlossenes System aufzubauen. Diese kontrollierbare Alternativwelt, erlaubt es dem Menschen, Simulation von Zukunftsmodellen experimentell zu erforschen, um dann Rückschlüsse auf die grenzenlose Realität zu ziehen [26] oder Orientierungspunkte zu entwickeln.
In zwei der beschriebenen kinematografischen Fiktionen erstellen wir aber Welten, die der erlebten gegenwärtigen Realität aus prophezeienden Klimadaten und medialen Bilderfluten, sehr ähnelt. Im Gedankenspiel ,die Gesellschaft auf die „Couch“ zu setzten, könnten wir eine Traumdeutung versuchen:
Die gesellschaftlichen Alpträume entstehen durch unkontrollierbare Dämonen der Wissenschaft, die aber so „echt“ in ihrem Gewand aus Wahrscheinlichkeitsrechnung und empirischen Studien erscheinen, das wir gar nicht mehr in der Lage sind, zwischen Weissagung und Gegenwart zu unterscheiden– wir schlafen nicht mehr gut. Unsere eigene Vorstellungskraft und Phantasie wird überschrieben von den flimmernden Zukunftsängsten auf Sicherheiten basierender Wissenschaft. Wir sind nicht mehr in der Lage das Extrem zu denken, in einer Welt die Abseits der gaußschen Glocke nicht existieren darf. Es scheint als ob wir verlernt haben, uns ortslose Utopien vorstellen zu können. Wir beschneiden uns des Potentials der Fiktion, unsere Zukunft zu bestimmen. Wollen wir diese lähmenden Dämonen loswerden, müssten wir wieder lernen die Unwahrscheinlichkeit des Wahrscheinlichen zu akzeptieren. [27] Diese neuen Perspektiven könnten uns von den Bildern des Versinkens befreien.
Anders könnten wir aber auch die filmischen Fiktionen sehr wohl als Utopien sehen, in der nun mal kein Platz für Altes ist. Diese noch materielle Welt unterliegt dem Fortschritt der Technik, sodass dem Menschen nichts anderes übrigbleibt, als sie zurückzulassen. In der Neuen Welt übernimmt die unsichtbare teknoide Macht, nachdem die glättende Meeresoberfläche alles verschlungen hat.
„Don Quijote galt als verrückt, weil er die beiden Realitätssphären nicht auseinanderhalten konnte.“ [28] Rem Koolhaas hingegen ist ein Pionier unserer Zeit, weil er eben das Potential der Verschränkung beider Welten sieht: den Wahnsinns des Traums und die Dynamik der Wirklichkeit, welches er uns an der Erfindung New Yorks im 20. Jahrhunderts zeigt.
Die einst wirtschaftliche und politische Dynamisierung der Architektur New Yorks (Zoning Laws von 1916) zeigt die Möglichkeit für eine neuartige Bautypologien durch diese Verschränkung. Die Notwendigkeit, vielleicht auch die Gefahr, von Naturkatastrophen kann nur bedingt die Architektur, wie es im SIRR Plan New Yorks leicht angedacht wird, verändern– von einem Experimentierfeld, wie Koolhaas das New York des 20. Jahrhundert sieht, kann leider noch nicht die Rede sein, sodass auch die Weltstadt New York nicht von dem Zyklus der Erneuerung heraustreten kann. In Koolhaas „ Delirious New York “ wird die Stadt aus ihren gegensätzlichen Zwängen zu kreativen Lösungen gezwungen, kann aber diese wieder in die Erschaffung einer neuartigen Kultur, die Revolution der Großstadt, umwandeln. Sie schafft es also in dieser Episode nicht in der Krise zu versinken, sondern genau ins Gegensätzliche, in die ultimative Höhe zu wachsen. Dass aus New Yorks ökonomischer Katastrophe des 20.Jahrhunderts die Architektur für eine bestimmte Kultur der Katalysator erwachsen kann, erfahren wir, „Gott sei Dank“, doch von einem Architekten.
Koolhaas sieht in dem urbanen Wahnsinn eine Chance; genau so sollte New York die nächsten Zwänge, die Prognosen der Klima- und Sturmwarnung, nutzen, um in den Wellen der Veränderung aufzuschwimmen– anstatt passive unterzugehen.
„New York, New York
it`s helluva town
The Bronx is up,
and the Battery`s down[...]“[29]
„[...] In New York,
Concrete jungle where dreams are made of,
There’s nothing you cant do,
Now you’re in New York,
these streets will make you feel brand new,
the lights will inspire you,
lets hear it for New York, New York, New York[...]“ [30]
„[...] I want to wake up in that city
That doesn’t sleep
And find I’m king of the hill
Top of the heap
My little town blues
They are melting away
I gonna make a brand new start of it
In old New York
If I can make it there
I’ll make it anywhere
It’s up to you
New York, New York
New York, New York
I want to wake up in that city
That never sleeps
And find I’m king of the hill
Top of the list
Head of the heap
King of the hill
These are little town blues
They have all melted away
I am about to make a brand new start of it
Right there in old New York
And you bet [Incomprehensible] baby
If I can make it there
You know, I’m gonna make it just about anywhere
Come on, come through
New York, New York, New York“ [31]