Das 89. v. Chr. von den Römern eroberte Pompeji war eine antike Stadt am Golf von Neapel, welche später, in ihrer Blütezeit, durch den Ausbruch des nahegelegenen Vulkans Vesuv begraben und dadurch der allmählichen Vernichtung durch die Zeit entzogen wurde.[1] Die im August 79. n. Chr. unter hohen Schichten aus Asche und Bimsstein begrabene Stadt gilt als eine der am besten erhaltenen antiken Ruinen.[2]
Pompeji zählte zu den wohlhabenden Städten des Römischen Reichs, was sich auch in der Stadtarchitektur widerspiegelte. Viele der größeren öffentlichen Gebäude wurden schon 63. n. Chr. in einem vorausgegangenem Erdbeben beschädigt. Trotzdem konnten vieler dieser antiken Baustellen größtenteils rekonstruiert werden. Der ausschließlich Fußverkehr überlassene Stadtkern bildete das aus Verwaltungsgebäuden, Thermen sowie der Markthalle bestehende Forum. Ein zweistöckiger Säulengang umgab das circa 38 mal 142 Meter große Gelände und bildete das politische Herz im Südwesten der Stadt. In nächster Nähe des Forums befanden sich eine Basilika aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. und der Stoffgroßhandel „Eumachia“ mit einer beträchtlichen Größe von 40 mal 60 Meter. Auf der Westseite befand sich der prunkvolle Venus Pompejana, ein der Stadtgöttin Pompejis geweihter Tempel.[3][4]
Weitere größere Gebäude waren das große, der griechischen Tradition folgende Theater im Süden, mit einem Fassungsvermögen von 5.000 Menschen, und ein kleineres überdachtes „theatrum tectum“. Darüber hinaus lag im Südosten Pompejis ein aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stammendes Amphitheater, das u.a. für Gladiatorenkämpfe genutzt wurde, und mit rund 20.000 Zuschauerplätzen nahezu der gesamten Bevölkerung Pompejis Platz bot. Die Landschaft Kampanien, in der die Stadt lag, war eine der fruchtbarsten und reichsten Landschaften Italiens, und stellte durch die auf ihr betriebene Landwirtschaft die wichtigste Einnahmequelle Pompejis dar.[5]
Der Ausbruch des Vesuvs 79. n. Chr. wurde, trotz der schon bekannten Erdbeben früherer Jahrzehnte in dieser Region, von den Bewohnern Pompejis nicht erwartet; er galt als bereits erloschen. Die Umstände und Auswirkungen des Vulkanausbruchs können aufgrund detaillierter zeitgenössischer Berichte sehr gut rekonstruiert werden. Hierbei spielen die Briefe des Gelehrten Plinius, welcher selbst bei dem Vulkanausbruch ums Leben kam, eine bedeutende Rolle. So wird von zwei Phasen des Vulkanausbruches erzählt, welche in den Zerstörungswellen aus Glutwolken, Lavagestein und Erdbeben die Städte in der Region nahezu vollständig unter sich begruben oder vernichteten.[6] Die Verluste in der Bevölkerung Pompejis werden auf ungefähr 2.000 Menschenleben geschätzt, was nahezu 10% der damaligen Gesamtbevölkerung ausmachte. Einzelne Schicksale und Todesursachen können durch die hinterlassenen Spuren in den Ascheresten der Stadt gut rekonstruiert werden. Die damaligen Rettungsmaßnahmen wurden von Kaiser Titus über ein Art Katastrophenmanagement auf mehrere Konsuln verteilt, die dann die ihrer Pflicht entsprechend, die Hilfe in die verwüstete Region leiteten.
Trotz der Hilfe konnten die größeren Städte der betroffenen Region, Pompeji und Herculaneum, auf Grund der bis zu 25 Meter hohen Verschüttungen nicht mehr gerettet werden.[7] Den überlebenden Städtern wurde neuer Wohn- und Siedlungsraum in Neapel und anderen umliegenden Städten versprochen.[8] Die noch aus den Ascheschichten herausragenden Überreste gingen durch anschließende Plünderung verloren, so dass von der Stadt Pompeji kein Anzeichen mehr übrig blieb. Die antiken Wiederaufbauarbeiten der Infrastruktur zogen sich bis 122 n. Chr. und erst im 3. Jahrhundert n. Chr. wurden einige kleinere Städte, darunter auch Herculaneum, wieder aufgebaut. Pompeji blieb aber unter den Steinen und der Asche vergessen, bis es 1592 durch Kanalarbeiten und bei weiteren privaten Ausgrabungen 1748 wiederentdeckt wurde.
Unter der Prämisse Wertgegenstände und antike Schaustücke bergen zu können wurden so die Ausgrabungen fortgeführt. Eine flächendeckende Freilegung erster Sichten der Stadt begann ab 1863 durch den italienischen Archäologen Guiseppe Fiorelli und seinem Nachfolger Michele Ruggiero. So wurden bis in unsere Zeit, durch zahlreiche weitere archäologische Grabungen, bis zu 75% der Stadt wieder an die Oberfläche befördert. Damit wurden weitestgehend auch die Ausgrabungen in der Neuzeit beendet und der wissenschaftliche Fokus auf die Konservierung der nun dem natürlichen Zerfall und Besuchern ausgesetzten Gebäude und Objekte.[9]
Die Ausgrabungsstätten der einst versunkenen Stadt am Golf von Neapel werden heutzutage von 2,5 bis 3 Millionen Besuchern jährlich wieder zum Leben erweckt– täglich würde das eine neue ständige Population von 8.200 Menschen ergeben. Die aus ihrer schützenden Ascheschicht aufgetauchte Stadt muss sich nun den Gefahren der Neuzeit stellen. Denn nicht nur die Touristenmasse und die kommerzielle Übernutzung der Ruinen gefährden die 1.500 Häuser und Millionen Quadratmeter Mosaike der größten Stadtruine der Welt, sondern auch die langsam an der Stadt nagenden veränderten Umweltbedingungen der letzten 2.700 Jahre. Zudem wurde durch Einsparungen im Regierungsbudget die Pflege der Ruinenstadt in den letzten Jahrzehnten so stark vernachlässigt, dass bereits einige der Villen, das Haus der Gladiatorenschule oder das Steintor „Porta di Nola“ eingestürzt sind. So zeigt diese Lage, dass die aus dem Eintrittsgeld erwirtschafteten 33 Millionen Euro[10] nicht an den Erhalt der Stadt geknüpft sind. Der Verfall der UNESCO geschützten Stadt erfordert nun einen erneuten Rettungsplan, wie ihn einst Kaiser Titus vor 1.933 Jahren ins Leben gerufen hat, um in einem internationalen Katastrophen-management Pompeji vor einem erneuten Untergang zu schützen.[11]
Einerseits graben wir die Stadt aus, um in ihr den Eindruck antiker Urbanität zu erhalten, andererseits wird sie aber durch die Besuchermassen zu einem aktuellen Phänomen des Massentourismus, welcher die ursprüngliche Vermittlung dermaßen überschreibt, dass man sich die Frage stellt, über welche Epoche Pompeji mittlerweile mehr aussagt. Das heutige Pompeji ist unter den Millionen Touristen nur museologisch erfahrbar. Unsere urbane Schicht fügt sich nicht sorgsam in rekonstruierte Antike ein, sondern beginnt ihren Träger, die Ausgrabungsstätte, zu vernichten. Die Wertigkeit und Bedeutung ihres Trägers wird nicht mehr wahrgenommen. Während die Schichtung und Überschreibung den Gehalt und auch gleichzeitig den Schutz Pompejis bedeutete, bedingt das Abschaben unserer Zeit den Verlust der Informationen des antiken Trägermaterials. Das was selbst die Lavaschichten des Vesuvs nicht geschafft haben, könnte nun unter den Fußabdrücken der Touristen zum endgültigen Untergang Pompejis führen.[12]