Sinking Cities
Lexikon

SinkingCities.de sammelt Texte zum Begriff Versinken.

 

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Anleitung

Die 17 Artikel und das entstandene Online Lexikon www.sinkingcities.de, in dem die Beiträge kommuniziert werden, ist das Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Begriff des Versinkens, welcher auf zwei persönliche Interessenswelten, dem Tauchen und meiner Heimatstadt Bytom, zurückgeht. Das Freitauchen ermöglichte eine neuartige Wahrnehmungssphäre abseits der „Regeln“ unseres alltäglichen Raumgefühls der oberirdischen Welt. Diese Unterwasserwelt wirkt oberflächlich betrachtet abweisend und lebensfeindlich: keine Atemluft, zerquetschender Druck, tiefe Dunkelheit, Kälte, Nässe und fremde Körperkoordination. Für einen Aquanauten, der die Materie durchdringt, verändern sich diese Aspekte in Neugier, Faszination und zu der Risikobereitschaft im Rausch der Tiefe und ihrer schwerelosen Geborgenheit unterzugehen. Das Versinken wird in einer sensorischen Qualität spürbar. Die zweite Gestalt des Versinkens gründet in der aktuellen Entwicklung meiner Geburtsstadt Bytom, welche im größten Kohlerevier Polens liegt. Seit dem Zusammenbruch der polnischen Volksrepublik 1989 unterliegt diese Region, und mit ihr die traditionellen Grubenstädte, starken wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen, an denen sich die Stadt sichtlich aufreibt. Einem sozialen und ökonomischen Druck nicht standhaltend, versinkt die Stadt in einem Flechtwerk sich bedingender Faktoren. Arbeitsplätze, Infrastruktur und gesellschaftlicher Zusammenhalt zersetzten sich, Gebäude zerfallen aufgrund der Grubenschäden. In dieser existenziellen Bedrohung des Lebensraums entfachte sich ein kreativer Widerstandskampf einiger Lokalpatrioten. Zwischen diesen beiden Welten entstand die Fragestellung nach der Bedeutung des Begriffs Versinken. Anhand einer intuitiv festgelegten Liste von Phänomenen, zwischen Sinn und Sinnhaftigkeit, begann das „Beobachten“ und die Analyse des Begriffs. Durch die Überlagerung der verschiedenen Definitionen und Perspektiven auf das Versinken, mit Artikeln aus der Gegenwartskultur, Mythologie, Geschichte und aktuellen urbanen Konflikten, bildete sich ein Dynamisierungs- und Veränderungsprozess an bestimmten Gehalten des Wortes ab. Versinken muss im Wesentlichen als der Vorgang räumlichen Vergessens verstanden werden. Ein konstanter multidimensionaler Prozess zur Raumgewinnung. Die überzeitliche, non-lineare Qualität des Begriffs konnte nicht auf eine lineare Narration reduziert werden, die von seinem Ursprung und Semantik zu einer einzigen Wahrheit des Begriffs führt, sondern musste viel mehr die Synergien der Artikel in einer fragmentarischen Wissenssammlung abbilden. Dieses Online Lexikon des Versinkens versucht durch die einzelnen Lemma und ihre Vernetzung mehrere Hypothesen gleichzeitig aufzustellen. Die im Internet durch die Benutzter wählbaren Ordnungsprinzipien des Lexikons, eine alphabetische Lemmaliste und Netzstruktur, ermöglichen unterschiedliche Wissensdarstellungen. Eine dynamische Generierung zufälliger Wissensinseln in der Netzstruktur steht dem Kosmos der Lemmaliste gleichwertig gegenüber. Die digitalen „Lumpensammler“ des Netzes sollen hier ihre eigene Passage wählen dürfen, und auch die Möglichkeit als Lexikograph durch das Hinzufügen von Fundstücken den Begriff erweitern. Diese Form soll die Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit des Begriffs widerspiegeln. Das bisher entstandene Lexikon möchte ich in der kommenden MA-Abschlussarbeit zu Hilfe nehmen, um damit zur bisher ungeklärten Ausgangsfragestellung nach Bytom zurückzukehren. Das Ergebnis soll als Feldversuch unter das Lemma Bytom in den Wissenspool des Lexikons einfließen.

Quellen

[1] ”Lumpensammler”- Walter Benjamin: Passagen-Werk. Gesichtet in Gerd de Bruyn: Die enzyklopädische Architektur. Zur Reformulierung einer Universalwissenschaft, Edition ArchitekturDenken transcript Verlag, Bielefeld 2008